
In den letzten Wochen habe ich die Diskussion rund um das sogenannte Verbrenner-Aus mit etwas Abstand aufmerksam verfolgt. Nun ist, denke ich, die Zeit gekommen, das Ganze einmal nüchtern Revue passieren zu lassen und meinen persönlichen Eindruck zu teilen. Anfangs war viel Aufregung, viele Emotionen, viele Schlagzeilen. Politikerinnen und Politiker aus verschiedenen Lagern waren bei Bosch in Bamberg zu Gast – dem größten Arbeitgeber unserer Region – jede Seite hatte ihre Botschaft. Denn bei allem Streit, der sich daraus entwickelt hat, ist klar: Jede Seite hat auf ihre Weise gute Gründe, und am Ende geht es um mehr als nur um Motoren.
Auslöser war die Ankündigung von Bosch, weltweit viele tausend Stellen zu streichen – auch in Deutschland und möglicherweise irgendwann in Bamberg. Das hat viele Menschen beunruhigt. 6.000 Arbeitsplätze, das sind 6.000 Familiengeschichten, Einkommen, Existenzen. Daraufhin gab es zunächst Gespräche zwischen dem Betriebsrat, dem Oberbürgermeister Andreas Starke und Vertretern der Stadt Bamberg. Das Ziel war es, den Standort zu sichern und die Sorgen der Beschäftigten ernst zu nehmen. Die Betriebsvereinbarungen sollen die Beschäftigten in Bamberg bis 2027 vor betriebsbedingten Kündigungen schützen, dennoch gibt der Betriebsratsvorsitzende Mario Gutmann zu bedenken, dass zukünftige Stellenanpassungen auch den Standort treffen könnten.
Kurz danach meldete sich auch die Bamberger SPD mit Oberbürgermeister Andreas Starke und Oberbürgermeisterkandidat Sebastian Niedermaier zu Wort. Sie forderten in einem gemeinsamen Schreiben einen kurzfristigen Aufschub des Verbrenner-Aus. Wichtig war ihnen, dass es nicht darum geht, das Ziel grundsätzlich infrage zu stellen, sondern den Übergang so zu gestalten, dass Arbeitsplätze und Familien nicht auf der Strecke bleiben. Sie machten deutlich, dass der Wandel notwendig ist – aber nur gelingen kann, wenn die Menschen auf diesem Weg mitgenommen werden.
Die Reaktionen darauf
Von der anderen Seite – vor allem von GRÜNES Bamberg und weiteren umweltpolitischen Stimmen – kam deutlicher Gegenwind. Sie warnten davor, dass jeder Aufschub das Erreichen der Klimaziele gefährden könnte. In einem Artikel des Fränkischen Tag wurde berichtet, dass Lisa Badum den SPD-Brief als „effekthascherisch, blauäugig und kontraproduktiv“ kritisierte.
Zudem äußerte Volt Bamberg, vertreten durch OB-Kandidat Hans-Günter Brünker, Kritik: Er bezeichnete die SPD-Initiative als populistisch und warnte, eine Verschiebung des Verbrenner-Aus könnte den Klimaschutz gefährden. So standen sich mehrere Linien gegenüber: Die eine Seite argumentierte, ohne Arbeitsplätze gäbe es keine soziale Stabilität. Die andere Seite mahnte, ohne Klimaschutz gäbe es keine Zukunft. Und beide haben recht – auf ihre Weise.
Der politische Besuch bei Bosch
Wenig später besuchte CSU-Politiker Manfred Weber gemeinsam mit Melanie Huml, der CSU-Oberbürgermeisterkandidatin, das Werk in Bamberg. Weber versprach mit großem Nachdruck, das „Aus vom Verbrenner-Aus“ in Brüssel rückgängig zu machen oder zumindest zu verschieben. Auch Huml betonte, dass es um Existenzen, Familien und die Zukunft der Region gehe – Bamberg dürfe nicht abgehängt werden. Der Auftritt war medienwirksam, zeigte aber auch: Der politische Wettstreit um die Deutungshoheit in dieser Frage war endgültig eröffnet.
Warum ich beide Seiten verstehe
Ich verstehe die Sorge um Arbeitsplätze und Familien sehr gut. Wenn Bosch Stellen abbaut, trifft das nicht nur die Betroffenen, sondern ganze Familien, Nachbarschaften, Vereine, das soziale Miteinander. Es ist richtig, dass Politik hinschaut und Unterstützung anbietet. Aber ich verstehe genauso die, die sagen, dass wir den Klimawandel nicht auf Pause drücken können. Jede Verzögerung bedeutet, dass die Umstellung später teurer, schwieriger und sozial härter wird. Auch das gehört zur Wahrheit. Das Problem ist also nicht, wer recht hat – sondern wie wir beides unter einen Hut bringen: den Schutz von Arbeitsplätzen und den Schutz unseres Klimas.
Was jetzt wirklich wichtig ist
Ich glaube, wir brauchen keine weiteren Versprechungen, sondern klare Pläne und gemeinsames Handeln. Wenn wir sagen, wir brauchen mehr Zeit für den Wandel, dann muss diese Zeit aktiv genutzt werden – für Qualifizierung der Beschäftigten, Investitionen in neue Technologien, für den Ausbau der Wasserstoff- und E-Mobilitätsinfrastruktur und für regionale Zukunftsprojekte, die Wertschöpfung und Nachhaltigkeit verbinden. Das wäre ein echtes Bamberger Modell: sozial, ökologisch, wirtschaftlich vernünftig. Denn was uns in Bamberg stark macht, ist nicht Stillstand, sondern Anpassungsfähigkeit. Bosch hat in den letzten Jahrzehnten oft bewiesen, dass Wandel möglich ist – wenn man ihn rechtzeitig angeht.
Mein persönliches Fazit
Nach allem, was gesagt und geschrieben wurde, ist für mich eines klar geworden: Die Wahrheit liegt – wie so oft – nicht an einem der Pole, sondern irgendwo dazwischen. Die Argumente von SPD, CSU, GRÜNEN und Volt, sind alle wichtig. Jede Perspektive beleuchtet einen Teil des Ganzen.
Ich wünsche mir, dass wir in Bamberg den Mut haben, gemeinsam zu denken – über Parteigrenzen hinweg. Nicht nur, wie retten wir Arbeitsplätze, und nicht nur, wie retten wir das Klima, sondern wie gestalten wir unsere Zukunft so, dass beides gelingt. Das ist für mich kein Widerspruch, sondern eine Aufgabe, die wir gemeinsam anpacken können – mit Vernunft, Verantwortung und Respekt voreinander.




















